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Rund eine halbe Millionen Studierende in Deutschland von psychischen Erkrankungen betroffen


Am 22.02. wurde im Berlin der BARMER-Arztreport vorgestellt. Der jährliche veröffentlichte Report stellt umfassende versichertenbezogene Auswertungen von Daten zur ambulant-ärztlichen Versorgung vor. Der Fokus des diesjährigen Schwerpunktkapitels liegt auf jungen Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren. Diese Phase ist oft mit vielen lebensverändernden Ereignissen gespickt und insbesondere das Studium spielt bei vielen jungen Leuten eine große Rolle. Der Blick auf die psychische Gesundheit der Studierenden ist demnach in diesem Report besonders wichtig. Mit dem Einstieg in das Studium sind viele junge Menschen zum ersten Mal auf sich allein gestellt. Während ein großer Teil die Eigenverantwortlichkeit genießt, empfinden andere Studierende diese Zeit als sehr belastend.

Jung und gesund – oder?

Junge Menschen galten bislang weitgehend als gesunde Gruppe, doch der Arztreport offenbart, dass inzwischen mehr als jeder sechste Studierende von einer psychischen Diagnose betroffen ist. Betrachtet man die gesamte Gruppe der 18- bis 25-jährigen, trifft das sogar auf ein Viertel zu. „Insgesamt sind also fast 2 Millionen junge Erwachsene betroffen“ so PD Dr. habil David Ebert, Leiter der Arbeitseinheit E-Mental Health & Behavioral Health Promotion and Technology Lab am Lehrstuhl Klinische Psychologie und Psychotherapie Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der die BARMER bei der Erstellung des Arztreportes begleitete.


Dabei ist bekannt, dass dies nur ein Teil der tatsächlich Betroffenen wiederspiegelt. „Denn aus epidemiologischen Studien weiß man, dass nur ein Teil der Betroffenen tatsächlich zum Arzt oder Psychotherapeuten geht, so dass eine hohe Dunkelziffer besteht, die nie in den Daten der Krankenkasse auftauchen“, so Ebert. Weniger als die Hälfte derjenigen mit einer psychischen Erkrankung werden tatsächlich behandelt. Und die Daten des Arztreportes zeigen, dass nur ein Teil von denen die behandelt werden tatsächlich Hilfe von einem Facharzt oder Psychotherapeuten erhalten, ca. die Hälfte wird ausschließlich vom Hausarzt behandelt. Erschreckend ist auch, dass ein enormer Zuwachs der Diagnosen zu verzeichnen ist. Alleine die Diagnose Depression ist seit 2005 über 70% häufiger vergeben worden!


Bedarf an niedrigschwelligen digitalen Unterstützungsangeboten

Aus diesem Grund betont die BARMER in ihrem Abschlussbericht, den hohen Bedarf an niedrigschwelligen Angeboten. So sei nicht bei jeder schlechten Phase eine Psychotherapie erforderlich - auch Online-Trainings zur Behandlung und Prävention psychischer Störungen sollen die Versorgung der jungen Erwachsenen bereichern. „Einige Betroffene meiden aus Scham den Gang zum Arzt. Ein aber viel wichtiger Grund warum Betroffene keine Hilfe beim Arzt oder Psychotherapeuten suchen ist allerdings, dass viele schlicht und einfach ihre Probleme selbstständig lösen wollen“, sagt Ebert. Sowohl aktuelle Forschungsergebnisse der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, als auch internationale Befunde der WHO World Mental Health Gruppe bestätigen dies.


Internet- und App-basierte Angebote könnten hier eine Lösung sein: „Sie können Betroffene dabei helfen bewährte psychologische Strategien selbstständig in den Alltag zu implementieren und so Beschwerden effektiv reduzieren und zukünftigen präventiv entgegenwirken.“ Sind sie richtig konzipiert können Sie genauso große Effekte haben, wie eine klassische Face-to-Face Psychotherapie“, so Ebert. Die Forschergruppe um Ebert hat zusammen mit Kollegen inzwischen mehr als 30 randomisiert-kontrollierte Studien durchgeführt, die klar zeigen, dass solche Angebote für verschiedenste Bereiche, ob Stress-Management, Bewältigung von Depression, Reduktion von Sorgen und Ängsten der Bewältigung von Schlafstörungen oder der Reduktion übermäßigen Trinkens, hoch effektiv sein können.


Die Chance solcher Ansätze sieht auch der Vorstandsvorsitzende der BARMER Prof. Dr. Christoph Staub so: „Ein großes Potenzial sehen wir daher in Online-Angeboten, vor allem, wenn sie anonym sind und den Nutzungsgewohnheiten der Generation Smartphone entgegenkommen“.


Allerdings trennt sich hier die Spreu vom Weizen: Für den Nutzer ist es derzeit schwer qualitativ hochwertige Angebote von weniger guten zu trennen. Derzeit gibt es keine Qualitätskontrolle und selbst einige Angebote die Krankenkassen für ihre Versicherten bereitstellt sind von fragwürdiger Qualität.


Eine Taskforce der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPS) in Zusammenarbeit mit der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) versucht dies gerade zu ändern. Darin werden Qualitätskriterien und ein Prüfverfahren entwickelt, die helfen sollen, dass in Zukunft nur hochwertige, wirksame und für Betroffene nicht schädliche Programm Eingang in die Versorgung finden.


Vor diesem Hintergrund haben Ebert und Kollegen auch vor kurzem das GET.ON Institut gegründet, das ausschließlich wissenschaftlich fundierte Programme, die in verschiedenen klinischen Studien ihre Wirksamkeit nachgewiesen haben, in die Routine implementiert. Das Start-Up möchte vor allem Leute erreichen die bisher nicht den Weg in die Versorgung finden. „Unsere Daten zeigen, dass wir Betroffene erreichen, die sonst nicht, oder noch nicht bereit wären, den Gang in die Regelversorgung zu gehen“ sagt Dr. Elena Heber, stellvertretende Geschäftsführerin von GET.ON. Mehrere 10.000 Betroffene haben inzwischen die Programme durchlaufen. Dabei werden die Teilnehmer nicht alleine gelassen: Ausgebildete Psychologen begleiten die Teilnehmer, geben individuelle Rückmeldung und stehen jederzeit für Fragen zur Verfügung.


Auf GET.ON Programme setzt auch die BARMER: Auf Basis der GET.ON Programme wurde für die BARMER das exklusive Angebot PRO.MIND entwickelt, dass sich an Betroffene mit hoher Stressbeanspruchung, Burn-Out, ersten depressiven Symptomen oder auch Schlafproblemen richtet. Alle BARMER Versicherte können kostenfrei an dem innovativen Angebot teilnehmen.


Wer nicht bei der BARMER versichert ist und an kostenfreien, wissenschaftlich fundierten Internet- und App-basierten Programmen bspw. zur Reduktion depressiver Stimmung, Bewältigung von Sorgen oder Ängsten im Rahmen von wissenschaftlichen Studien teilnehmen möchte findet auf der Seite des Get.On eine Übersicht von Angeboten verschiedener Möglichkeiten.

StudiCare als innovatives Konzept

Auf der Grundlage des Präventionsgesetzes, das erstmalig die Vorsorge von Depressionen als explizites Ziel aufgenommen hat, unterstützt die BARMER auch das Projekt StudiCare. Das von David Ebert geleitete Projekt ist Teil des von der WHO World Mental Health Gruppe initiierte Caring University Projekts. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die psychische Gesundheit von Studierenden weltweit zu fördern. In Deutschland wird dieses Projekt von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in Zusammenarbeit mit der Prof. Dr. Harald Baumeister der Universität Ulm durchgeführt.


Im Rahmen des Projektes können mehrere Tausend Studierende aus ganz Deutschland kostenfrei an über 17 internetbasierten Trainings teilnehmen. Diese fokussieren sich unter anderem auf Angebote zur Bewältigung von Prüfungsangst, niedergeschlagener Stimmung, anhaltenden Sorgen, Schlafschwierigkeiten, Stressmanagement oder der Förderung psychischer Widerstandskraft.


So soll das Ziel erreicht werden, auf Basis der Studienergebnisse die Wirksamkeit und Kosteneffektivität innovativer digitaler Präventionsstrategien zur Förderung der psychischen Gesundheit bei Studierenden zu ermitteln. Daraus sollen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, wie die psychische Gesundheit bei Studierenden in Deutschland flächendeckend effektiv gefördert werden kann. Der BARMER-Arztreport zeigt, dass dies zwingend notwendig ist.


Hier gibt es den gesamten BARMER-Arztreport zu lesen


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